Boltzmanngasse


Seit 1913. 1778 Am Spanischen Spitalberg; 1779 Spitalberg; 1791, 1816 Spitalberggasse; 1820 Karlsgasse; 1825 Carlsgasse; 1835 am Spitelberg; 1846, 1853Karlsgasse; 1862 bis 1913 Waisenhausgasse. Der untere Teil hieß früher Gstätten beim Thurybrückel und wurde 1766 parzelliert; 1772 So genannten kleinen Währinger Gassen; 1782 sogenannte kleine Währingergasse.

Karlsgasse, benannt nach Kaiser Karl VI., dem Erbauer des Spanischen Spitals (deshalb Spanischer Spitalsberg oder Spitalberggasse); früher Am Pettelbühel. Karl verließ nach dem Tod seines kinderlosen Bruders Joseph I. Spanien, um die Herrschaft in den Erblanden anzutreten. Zahlreiche seiner Anhänger, die ihm gedient und für ihn im Spanischen Erbfolgekrieg gekämpft hatten, kamen mit ihm nach Österreich und ließen sich zum Großteil in Wien nieder. Sie bezogen für ihre Dienste vom Staat Pensionen und wurden damit zu einer erheblichen Belastung der Staatskasse. Karl fasste deshalb den Entschluss, für die "krancken Spanier, Neapolitaner, Sicilianer, Mayländer und Niederländer ... ein Spital zu errichten". 1718-1723 entstand das "Spanische Spital". 1785 wies Joseph II. die Kranken dem Allgemeinen Krankenhaus zu und bestimmte das Gebäude zum Waisenhaus.

Waisenhausgasse. Das vom Kaufmann Michael Kienmayer 1742 auf dem Rennweg gegründete und von Ignaz Parhamer vergrößerte Waisenhaus wurde von Joseph I. 1785 hierher verlegt. Von 1806-1827 leitete der Schulmann Franz Michael Vierthaler die Anstalt. Ferdinand Schubert (ein Bruder Franz Schuberts) wirkte hier als Lehrer (siehe auch Tendlergasse). Das Waisenhaus blieb bis 1912 im Gebäude des Spanischen Spitals, seit 1914 ist dort ein Priesterseminar untergebracht.

Dr. Ludwig Boltzmann, geb. 20. Februar 1844 in Wien, gest. 5. September 1906 in Duino. Sohn eines Beamten, studierte er in Wien Mathematik und Physik, wurde Dozent und gleichzeitig Assistent seines Lehrers Prof. Stefan. 1869 erhielt er als Ordinarius für mathematische Physik (später für Experimentalphysik) die Berufung an die Grazer Universität, an der er später auch Dekan und Rektor wurde. 1894 übernahm er an der Wiener Universität den Lehrstuhl für theoretische Physik, 1900 war er in Leipzig, 1902 wieder in Wien tätig (Wohnung: 9, Türkenstraße 3). Boltzmann, einer der bedeutendsten österreichischen Physiker, bahnte durch seine Forschungen auch die Entwicklung zur Atomphysik von heute an. Die Gedankengänge, die in seiner berühmten "Entropieformel" mündeten, bildeten die Basis für die wissenschaftlichen Arbeiten Plancks, Einsteins und anderer Gelehrten unseres Jahrhunderts. Wegen schwerer Krankheit schied er 1906 in Duino bei Triest freiwillig aus dem Leben.