Julius-Tandler-Platz


1826 (Ziegler-Vasquez), 1835 (Vasquez-Plan) Hauptplatz, 1873-1938 und 1945-1949 Althanplatz, 1938-1945 Platz der Sudetendeutschen; seit 1949 benannt nach Dr. Julius Tandler, Professor der Anatomie; er wohnte Beethovengasse 8.

Am 16. Februar 1869 in Iglau geboren, verbrachte Tandler eine schwere Jugend und musste durch Stundengeben zum Unterhalt seiner Familie beitragen. Er erhielt in Wien seine medizinische Ausbildung und wandte sich bald der Anatomie zu. Er wurde Demonstrator und Assistent bei seinem Lehrer Zuckerkandl. 1899, vier Jahre nach seiner Promotion, habilitierte er sich und erhielt 1910 das Ordinariat der 1. Anatomischen Lehrkanzlei in Wien. 1929 veröffentlichte er sein "Lehrbuch der systematischen Anatomie". Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Tandler mit einer wichtigen sozialen Aufgabe betraut. 1919 übernahm er als Unterstaatssekretär das Volksgesundheitsamt, 1920 als amtsführender Stadtrat das Wohlfahrtswesen. Sein Hauptverdienst liegt auf dem Gebiet der Kinder und Jugendfürsorge sowie in der Bekämpfung der Kindersterblichkeit und der Tuberkulose. Er schuf Kindergärten, Tagesheimstätten, Schulzahnkliniken, Schulaugenkliniken und Kinderfreibäder. Auch die Ausgabe von Säuglingswäschepaketen ist seiner Initiative zu danken; rund 100.000 Mütter wurden in der Ersten Republik damit beteilt. Er schuf das Wiener Jugendhilfswerk, in dem alle bedeutenden nichtöffentlichen Fürsorgevereine zusammengefasst sind; es ermöglichte jährlich mehr als 30.000 gesundheitlich gefährdeten Wiener Schulkindern einen vier- bis sechswöchigen Aufenthalt in schönen Ferlenheimen. An seinen Namen knüpfen sich die Errichtung der Kinderübernahmsstelle (heute Julius Tandler-Heim), des Radiuminstituts und des Tuberkulosenpavillons in Lainz. Mit Energie vertrat er die Forderung nach allgemeinen Schulimpfungen gegen Scharlach und Diphtherie. Alle seine Maßnahmen waren beispielgebend für das gesamte Ausland. Nach seiner Pensionierung (1934) begab er sich nach Moskau, wo er am 26. August 1936 starb. Gedenktafel: 9, Lustkandlgasse 50 (Kinderübernahmestelle): "Stadtrat Prof. Dr. Julius Tandler 1869-1936 Schöpfer dieser Anlage Wer Kindern Paläste baut, reißt Kerkermauern nieder." (Die Gedenktafel wurde 1950 enthüllt, sie befand sich früher im Hof, dort wurde sie 1946 enthüllt.)